Judith Bingel

Beugung in Verbindung mit der Präposition „pro“; „pro“ und Zeitangabe

Häufig zeigt sich bei meiner Korrekturtätigkeit, dass Unsicherheit besteht, wenn es darum geht, in Verbindung mit der Präposition pro den richtigen Kasus zu benutzen. Ebenfalls Unklarheit herrscht oft hinsichtlich der Verwendung von pro und Zeitangabe. In meinem heutigen Blog möchte ich auf dieses Problemfeld näher eingehen. Zunächst wird die Beugung bei pro besprochen, woraufhin ich auf den Fall „pro und Zeitangabe“ eingehen werde.

1. Beugung: Im Allgemeinen wird die Präposition pro mit dem Akkusativ verbunden. Dies wird erkennbar, wenn vor das Hauptwort noch ein Adjektiv hinzugefügt wird, z.B.: pro verkauften Tisch, pro registrierten Bürger, pro aktiven Rentner. Hingegen ist dann, wenn das Hauptwort ohne Adjektiv steht, des Öfteren kein Kasus zu ersehen: pro Exemplar, pro Haus. Als Ausnahme sind hier Hauptwörter zu nennen, die entweder aus einem Adjektiv gebildet werden (wie die Süchtige) oder aus einem Partizip (z.B. die Genesende). Stehen diese ohne Adjektiv nach der Präposition pro, so müssen sie in der Standardsprache stets mit einer Beugungsendung versehen werden, also: pro Süchtiger, pro Genesenden.

2. pro und Zeitangabe: Die Präposition pro wird in Verbindung mit Zeitangaben im Sinne von „je, jeweils“ verwendet. Dieser Fall taucht vorwiegend in der Kaufmannssprache sowie in der Umgangssprache auf: Sie muss pro Tag (stilistisch besser: Sie muss jeden Tag) viermal mit ihrem Hund Gassi gehen. Die Inventur wird einmal pro Jahr (stilistisch besser: Die Inventur wird einmal im Jahr, jedes Jahr einmal) durchgeführt.  

Bedeutungsunterschied „anscheinend“ und „scheinbar“

Des Bedeutungsunterschieds der beiden Wörter anscheinend und scheinbar sind sich etliche meiner Kunden nicht bewusst und verwenden somit scheinbar zu Unrecht im Sinne von anscheinend. Daher möchte ich in diesem Blog den unterschiedlichen Sinngehalt beider Wörter erörtern. Das Adverb scheinbar drückt aus, dass etwas nur dem äußeren Eindruck nach, nicht aber tatsächlich so ist, wie es sich präsentiert: Die Zeit stand scheinbar still. Der Widerspruch ist nur scheinbar. Demgegenüber wird mit anscheinend die Vermutung zum Ausdruck gebracht, dass etwas so ist, wie es sich darstellt: Sie ist anscheinend im Urlaub. Anscheinend ist niemand zu Hause. Will man also eine Vermutung zum Ausdruck bringen, dann ist der Gebrauch von scheinbar nicht korrekt: Du hast das Geschenk scheinbar (statt richtig: anscheinend) vergessen mitzubringen. Heute geht scheinbar (statt richtig: anscheinend) alles schief.

Pronomen „niemand“

Aus aktuellem Anlass soll heute das Pronomen niemand besprochen werden.

1. als oder wie: Es muss richtig lauten: Niemand beherrscht die Rechtschreibung besser als er. Falsch ist hingegen die Formulierung: … wie er.
2. Deklination: Der Genitiv von niemand lautet niemandes oder niemands. Was die Formen von niemand im Dativ und im Akkusativ anbetrifft, so können diese sowohl unflektiert sein – also jeweils niemand – als auch flektiert: Dativ: niemandem (nicht: niemanden) und Akkusativ: niemanden. Dazu ein Beispiel: Er hat mit niemand (oder: mit niemandem) gespielt. Im Akkusativ wird allerdings die unflektierte Form häufig bevorzugt: Sie hat niemand (oder: niemanden) wiedererkannt.
3. niemand anders, niemand Bekanntes: Wird niemand mit anders oder mit einem als Substantiv gebrauchten Adjektiv (z.B. der Bekannte) verbunden, so bleibt niemand meist unflektiert: Sie erblickte niemand anders, niemand Bekanntes oder niemand Bekannten. Sie redete mit niemand anders (selten: mit niemandem anders). Sie redete mit niemand Bekanntem (selten: mit niemandem Bekanntes).
4. niemand, der: Folgt auf niemand ein Nebensatz, der mit einem Relativpronomen eingeleitet wird, dann ist in der Standardsprache stets der zu wählen. Dies gilt unabhängig davon, ob damit männliche oder weibliche Personen angesprochen sind: Ich weiß von niemandem, der Polizistin ist.

Verbindung „‚bis zu‘, Zahlenangabe und Hauptwort“

Häufig herrscht bei meinen Kunden Unsicherheit, wenn es darum geht, das nach bis zu + Zahlenangabe folgende Hauptwort in den korrekten Kasus zu setzen: Heißt es also beispielsweise Kinder bis zu 12 Jahren oder Kinder bis zu 12 Jahre? Korrekt ist es, hier das Hauptwort in den Dativ zu setzen, der von zu abhängig ist: Kinder bis zu 12 Jahren haben freien Eintritt. Entfällt dagegen das zu – was vor allem in der gesprochenen Sprache anzufinden ist –, muss nach bis der Akkusativ gewählt werden: Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt.

Komma in Verbindung mit „das heißt (d.h.)“

Vor das heißt muss immer ein Komma gesetzt werden: Im Herbst, d.h. nach meinem Examen, fahre ich in den Urlaub. Unmittelbar nach das heißt kann ein zweites Komma stehen, aber nur dann, wenn ein ganzer Satz folgt: Am Morgen, d.h., wenn auf den Straßen ein hohes Verkehrsaufkommen herrscht, fahre ich nur mit der U-Bahn zur Arbeit. Er hat den Vorfall nicht der Polizei gemeldet, d.h., er hat noch einmal ein Auge zugedrückt. Das zweite Komma kann nach den neuen amtlichen Rechtschreibregeln auch stehen, wenn anstatt des ganzen Satzes nach das heißt eine Infinitivgruppe folgt: Er versuchte das Tor zu schließen, d.h., es einbruchsicher zu machen.

„entsprechend“ vor oder nach dem abhängigen Hauptwort?

Die Präposition entsprechend kann vor oder nach dem abhängigen Hauptwort stehen: entsprechend seiner Vorgabe oder seiner Vorgabe entsprechend. Sie wird aber immer mit Dativ konstruiert, also: entsprechend seinem Alter und nicht: entsprechend seines Alters.

Beugung von Herrschernamen nach Titeln – am Beispiel von „Kaiser Karl der Große“

Wenn dem Titel eines Herrschers noch ein Name beigefügt wird, dann bereitet besonders die Beugung im Genitiv erfahrungsgemäß oft Schwierigkeiten. Daher soll die korrekte Handhabung am Beispiel von Kaiser Karl der Große durchgespielt werden. Richtig ist: das Heer Kaiser Karls des Großen. Der Titel Kaiser ist hier ungebeugt, der Name in seiner Gesamtheit jedoch gebeugt. Steht Kaiser hingegen in Verbindung mit einem Artikel oder einem Fürwort, so muss es lauten: das Heer des Kaisers Karl des Großen. Der Titel Kaiser ist hier gebeugt, Karl bleibt unverändert, der Zusatz der Große ist wiederum gebeugt (des Großen).

„Es ist viele Jahre her“ oder: „Es sind viele Jahre her“?

Beide Formen sind korrekt. Man kann also schreiben: Es ist viele Jahre her oder: Es sind viele Jahre her. Gebräuchlicher ist heute allerdings: Es ist viele Jahre her, dass ich mein Studium beendet habe.

Steigerung im Falle von Präfix „best…“ + Partizip – am Beispiel von „bestmöglich“

Immer wieder stoße ich bei meiner Korrekturtätigkeit auf die Steigerungsform bestmöglichste [Methode]. Dies ist jedoch grammatikalisch gesehen nicht korrekt. Da nämlich die Zusammensetzung aus Präfix best… + Partizip bereits eine höchste Steigerungsstufe (best…) enthält, ist sie nicht noch einmal steigerbar. Es muss also richtig lauten: die bestmögliche (nicht: bestmöglichste) Methode. Dasselbe gilt für alle anderen zusammengesetzten Adjektive dieser Art, wie bestbezahltder bestbezahlte Job  (nicht: bestbezahlteste), bestsortiert – die bestsortierte Bibliothek (nicht: bestsortierteste) etc.

Namenszusatz „de“ am Satzanfang und in Aneinanderreihungen – Groß- oder Kleinschreibung?

Beim Korrekturlesen einer Dissertation über Charles de Gaulle und die Fünfte Republik zeigte sich mir die Unsicherheit des Verfassers hinsichtlich der Groß- oder Kleinschreibung des Namenszusatzes de am Satzanfang wie auch in Wortzusammensetzungen. Es gilt hier grundsätzlich: Sowohl am Satzanfang als auch in Aneinanderreihungen ist die Großschreibung zu wählen, also am konkreten Beispiel: De-Gaulle-Film etc.